Heinz Hillebrand ist Historiker und Mitglied im Bundessprecher*innen- Rat der SL.

Es sind nicht nur abfällige Bemerkungen über „Hartzis“ oder das Naserümpfen über ein Andrea-Berg-T-Shirt. Soziale Abwertung in linken Kreisen ist oft subtiler. Ausgrenzung findet u. a. durch Sprache, Auswahl von Räumen und finanzielle Barrieren statt.

 

Bericht aus der Veranstaltung

Das Thema Soziale Abwertung und Ausgrenzung in der Linken (LINKEN) stieß auf großes Interesse. Dies hat sicherlich auch mit einer zunehmenden Akademisierung der Partei und den Wahl-Verlusten in der traditionellen Arbeiterklasse zu tun. Eine Abfrage zu Beginn bestätigte dies. In vielen Kreisverbänden war der Anteil von Nicht-Akademiker*innen gering. Dies korrespondierte mit der geringen Verankerung unter gewerkschaftlichen Betriebsräten und Vertrauenspersonen.

Der Workshop fand vor allem in rotierenden Arbeitsgruppen stand, so dass fast alle Teilnehmer*innen in die Diskussion einbezogen wurden. Die Ergebnisse der Fragestellungen wurden dann gemeinsam im Plenum ausgewertet. Auf die Frage, Welche Gruppen (Menschen) in der Linken sozial abgewertet und ausgegrenzt werden, wurden vor allem Ärmere und Menschen mit formal geringerem Bildungsstand genannt; des weiteren Familien mit Kindern und Alleinerziehende sowie ältere Menschen. Bei der Frage nach den Mechanismen sozialer Abwertung wurden vor allem herablassendes Verhalten und Ignoranz sowie verschiedene Formen sprachlicher Abwertung bis hin zu verbaler Gewalt genannt. Bei der Frage nach Mechanismen sozialer Ausgrenzung spielten finanzielle Fragen eine große Rolle. Sei es das Tagen in Gaststätten mit Verzehrzwang oder die Nichtübernahme von Fahrtkosten oder Eintrittspreisen und Gebühren. Aber auch das Reden in nicht allgemein bekannten akademischen „Codes“ oder Ausgrenzung durch alleinige digitale Kommunikation wurde thematisiert.

Die Teilnehmer*innen brachten zahlreiche Beispiele aus ihren Kreisverbänden. Der Zeitpunkt von Parteiveranstaltungen oder fehlende Kinderbetreuung spielten ebenso eine Rolle wie die Erreichbarkeit von Veranstaltungsorten per ÖPNV. Habituelle Fragen (der Begriff des Habitus wurde erläutert) wurden ebenfalls aufgeführt, so ein jeweils einzuhaltender Dresscode oder die Abwertung von Beruf/Job oder kulturellen Vorlieben.

Einig waren sich die Teilnehmer*innen, dass hier vieles im Argen liegt und Parteiveranstaltungen und Parteikultur gerade für NichtakademikerInnen nicht sehr anziehend sind. Viele der Abwertungen und Ausgrenzungen würden nicht absichtlich erfolgen, so dass eine entsprechende Thematisierung schon hilfreich sei. Ebenso sei Bildungsarbeit über die Ursachen der „feinen Unterschiede“ im Verhalten unterschiedlicher Milieus notwendig.

Heinz Hillebrand